Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.
Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.

Konflikte innerhalb einer Kirchengemeinde


Ein Vorschlag zu ihrer Regelung


Ein Blick auf heutiges professionelles Konflikt-Management und auf eigene Erfahrungen von Mitgliedern der Melsunger Initiative haben zu diesem Vorschlag geführt.
Mit dieser Methode können viele Konflikte professionell gelöst werden. Außerdem offenbart diese Methode von Anfang an, wer, Einzelperson oder Gruppe, das Lösen des Konflikts zu verhindern sucht. Dadurch wer-den die Anderen frühzeitig vor dieser Einzelperson oder Gruppe ge-warnt; denn jenen geht es offenbar nicht um gemeinsames Konflikt-Lö-sen, sondern Machtkampf - mit der Niederlage der Gegenpartei.


1. Der Konflikt wird analysiert und dokumentiert.
· Wird ein Konflikt in einer Kirchengemeinde so komplex oder so tiefgrei-fend, dass die gemeindeeigenen Kräfte nicht mehr ausreichen, ihn zu be-arbeiten und zu lösen, hat jede am Konflikt beteiligte Einzelperson /Gruppe die Pflicht, das Analysieren und Dokumentieren dieses Konflikts bei den anderen beteiligten Einzelpersonen/Gruppen zu beantragen.
· Dieses Analysieren und Dokumentieren des Konflikts kann durch keine am Konflikt beteiligte Einzelperson/Gruppe verhindert werden.
· Für das Analysieren und Dokumentieren des Konflikts wird ein/-e aner-kannte/-r Mediator/-in beauftragt. Die Kosten dafür trägt die Kirchenge-meinde.
· Die Dokumentation der Analyse umfasst das Nennen der Konfliktur-sachen und das Beschreiben der Struktur des Konflikts, auch die Nen-nung aller beteiligten Einzelpersonen/ Gruppen, deren Emotionen, Be-dürfnisse, Interessen und Zielsetzungen.
· Liegt die schriftliche Dokumentation der Konflikt-Analyse vor, so ist sie von allen beteiligten Einzelpersonen/Gruppen zu unterschreiben.
· Unterschreibt eine der beteiligten Einzelpersonen/Gruppen diese Do-kumentation nicht, so entscheiden die übrigen  Einzelpersonen/Grup-pen, welches die nächsten Schritte zum Bearbeiten und Lösen des Kon-flikts sind.
· Gleichzeitig erstellt der/die Mediator/-in einen Vorschlag, wie der Kon-flikt weiter zu bearbeiten ist.
· Der/die zuständige Dekan/-in erhält eine Kopie dieser Dokumentation zur Kenntnisnahme, nicht als Bitte zum Eingreifen in diesen Konflikt. Er/sie kann einen eigenen Vorschlag zur weiteren Konflikt-Bearbeitung machen.
· Die Kirchengemeinde ist in angemessener Weise über diese Dokumentation zu informieren.

2. Die Möglichkeiten für die Konflikt-Lösung werden gesucht.
· Auf Grund der Dokumentation der Konflikt-Analyse und der Vorschläge zur weiteren Konflikt-Bearbeitung erstellen die am Konflikt beteiligten Einzelpersonen/Gruppen eine Strategie, welche Schritte sie gemeinsam gehen wollen, um den Konflikt zu bearbeiten und zu lösen.
· Die beteiligten Einzelpersonen/Gruppen können auch gemeinsam eine/-n Mediator/- in (siehe Punkt 2) bzw. eine ähnliche Fachkraft zur Gestaltung dieses Prozesses herbeiziehen. Die Kosten trägt die Kir-chengemeinde.
· Diese Strategie zur Konflikt-Bearbeitung und -Lösung wird in einem Protokoll „Unser Weg zur Konflikt-Lösung“ festgehalten und von allen beteiligten Einzelpersonen/ Gruppen unterschrieben.
· Unterschreibt eine der beteiligten Einzelpersonen/Gruppen dieses Protokoll nicht oder verweigert sie die Strategie-Besprechungen, so entscheiden die übrigen Einzelpersonen/ Gruppen, wie der Konflikt weiter zu bearbeiten ist.
· Der/die zuständige Dekan/-in erhält eine Kopie dieses Protokolls zur Kenntnisnahme, nicht als Bitte zum Eingreifen in diesen Konflikt.
· Die Kirchengemeinde ist in angemessener Weise über die Möglichkei-ten zur Konflikt-Lösung zu informieren.


3. Der Konflikt wird gelöst.
· Entsprechend dem Strategie-Papier „Unser Weg zur Konflikt-Lösung“ gehen die beteiligten Einzelpersonen/Gruppen die weiteren Schritte mit den entsprechenden Ergebnissen.
· Von jedem gegangenen Schritt wird ein Protokoll erstellt und von allen beteiligten Einzelpersonen/Gruppen unterschrieben.
· An vorher vereinbarten Punkten reflektieren die beteiligten Einzelper-sonen/Gruppen den bisherigen Weg und überprüfen bzw. überarbeiten das Strategie-Papier.
· Von diesen Reflexionen wird jeweils ein Protokoll erstellt und von allen beteiligten Einzelpersonen/Gruppen unterschrieben.
· Weigert sich eine der beteiligten Einzelpersonen/Gruppen, diesen ge-meinsamen Weg anzutreten oder fortzusetzen, so entscheiden die übri-gen Einzelpersonen/Gruppen, wie der Konflikt weiter zu bearbeiten ist.
· Gehen alle beteiligten Einzelpersonen/Gruppen gemeinsam alle jeweils vereinbarten Schritte mit den entsprechenden angestrebten  Ergebnis-sen, haben sie den Konflikt gelöst.
· Der/die zuständige Dekan/-in erhält jeweils eine Kopie der Protokolle zur Kenntnisnahme, nicht als Bitte zum Eingreifen in diesen Konflikt.
· Die Kirchengemeinde ist in angemessener Weise über die Konflikt-Lösung zu informieren.


4. Der Konflikt ist nicht lösbar auf der Ebene der Kirchengemeinde.
· Erweist sich der Konflikt als nicht lösbar auf der Ebene der Kirchenge-meinde, weil z. B. die Kirchengemeinde nicht die entsprechenden Macht-mittel hat oder weil z. B. eine der beteiligten Einzelpersonen/Gruppen jegliches Konflikt-Lösen blockiert, so ist eine Gemeinde-Vertrauensab-stimmung herbeizuführen.
· Jede der beteiligten Einzelpersonen/ Gruppen hat in diesem Stadium der Konflikt-Bearbeitung das Recht, beim Kirchenvorstand eine Gemein-de-Vertrauensabstimmung zu beantragen.
· Der Antrag lautet: „Die Einzelpersonen ABC/die Gruppen DEF bean-tragen, dass der Einzelperson G/der Gruppe H das Vertrauen entzogen wird.“
· Der Kirchenvorstand muss die beantragte Gemeinde-Vertrauensab-stimmung umgehend durchführen.
· Ort, Zeit und Tagesordnungspunkte der Gemeinde-Vertrauensab-stimmung sind öffentlich bekanntzugeben.
· Die Gemeinde-Vertrauensabstimmung hat zwei Teile. In einer ersten
Gemeindeversammlung wird über den Konflikt und seine bisherige Be-arbeitung informiert und allen Konflikt-Beteiligten Gelegenheit gege-ben, sich dazu zu äußern, sowie allen Versammelten zu Rückfragen. Die zweite Gemeindeversammlung findet 14 Tage nach der ersten statt. In ihr erfolgt die dem Antrag zur Gemeinde-Vertrauensversammlung ent-sprechende Abstimmung.
· Der/die Mediator/-in (s. Punkt 2) oder eine ähnliche, neutrale Fachkraft leitet die Gemeinde-Vertrauensabstimmung und informiert über den Konflikt und seine bisherige Bearbeitung.
· Der/die Dekan/-in nimmt an der Gemeinde-Vertrauensabstimmung beratend teil. Er/sie informiert insbesondere über die kirchenrechtlichen Mittel, welche die Kirchenleitung zur Lösung dieses Konflikts zur Verfü-gung hat.
· Voraussetzungen für die Abstimmung bei der zweiten Gemeindever-sammlung sind, dass mindestens so viele Gemeindemitglieder anwesend sind, wie sich bei der letzten KV-Wahl an der Wahl beteiligt haben und dass mehr als die Hälfte der Anwesenden den Antrag unterstützt.


Kontaktadresse:

Rainer Mischke, Akosweg 30, 87435 Kempten; Tel: (08 31) 6 10 57 65;
Email: rainer.mischke@freenet.de
www.MelsungerInitiative.de

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© Dr. Friedrich Reitzig, Pfr. i.R.