Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.
Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.

Eckpunkte für ein neues Pfarrerdienstrecht

 

In verschiedenen Gremien der EKD wird zur Zeit über ein einheitliches Pfarrerdienstrecht beraten. Die Melsunger Initiative stellt der kirchli-chen Öffentlichkeit Eckpunkte vor, die – orientiert an den bisherigen Gesetzen - für eine Neuformulierung aus ihrer Sicht unabdingbar sind.


1. Die biblisch-theologischen Grundentscheidungen der Reformation zum Verhältnis von Amt und Gemeinde sind zu berücksichtigen. In der Kirche kann man Recht nicht „ohne geistlichen Sinn und biblische Wei-sung“ (Erik Wolf, 1948), d.h. rein pragmatisch begründen.
2. Ein Pfarrerdienstrecht muss die tragenden Grundsätze eines öffent-lich-rechtlichen Dienstverhältnisses erfüllen, wie z.B. Vollzeitdienst auf Lebenszeit, amtsangemessene Alimentation und Fürsorgepflicht. Abwei-chungen sind theologisch zu begründen.
3. Eine Amtsbezeichnung i.W. (im Wartestand) hat bisher als diskrimi-nierend gewirkt. Sie ist aus biblischen und beamtenrechtlichen Gründen zu streichen.
4. Alle Arten der „Veränderungen des Dienstverhältnisses“ müssen unter der Prämisse der grundsätzlichen Unversetzbarkeit des Pfarrers, der Pfarrerin stehen.
5. Versetzungen müssen den Kriterien des Beamtenrechts entsprechen, d.h. eine Versetzung auf eine andere, gleichwertige Stelle mit amtsan-gemessener Beschäftigung ohne negative Rechtsfolgen.
6. Wartestand gibt es bisher in folgenden Konstellationen:


a) Ungedeihlichkeit
b) Sogenannte Übergänge wie Rückkehr aus Mission, Beendigung des Erziehungsurlaubes usw.
c) Nach einer 10Jahresbefristung oder Abwahl des Besetzungsgremiums mit qualifizierter Mehrheit.

 

Alle diese Gründe führen nach ein paar Jahren in den Zwangsruhestand. Das ist theologisch und  beamtenrechtlich sowie aus rechtsstaatlichen Gründen nicht haltbar.
7. Begriff und juristische Ausgestaltung des Wartestandes sind durch ihre Entstehungsgeschichte im Dritten Reich und durch ihre diskriminie-rende Wirkung in der Nachkriegszeit schwer belastet. Der Begriff ist durch „Interimsstelle“ zu ersetzen.
8. Eine Versetzung darf nicht zur Beendigung der aktiven Berufstätigkeit führen, sondern muss in einen neuen Dienstauftrag münden. Dies ist auch die Forderung von Peter von Tiling, dem Pfarrverband und anderer.
9. Finanznöte und daraus resultierende Stellenreduzierungen müssen auf andere Weise gelöst werden, z.B. durch Einstellungsstopp oder frei-willigen vorzeitigen Ruhestand.
10. Wartestand aus Gründen des nichtgedeihlichen Zusammenwirkens von Pfarrer, Pfarrerin und Kirchengemeinderat ist zu streichen. Der Be-griff „Ungedeihlichkeit“ ist ein zutiefst unehrliches Wort. Ursprünglich war damit Zerrüttung gemeint. Wenn der Gesetzgeber dies heute
auch meint, muss dies im Gesetz auch so genannt werden. Der unbe-stimmte Rechtsbegriff g von Konflikten. Sie müssen durch professionel-les Konfliktmanagement sowohl für den beteiligen Kirchengemeinderat als auch für die Geistlichen frühzeitig angegangen werden.
11. Eine unverzichtbare Forderung der Rechtsstaatlichkeit in der Kirche ist die Öffnung der kirchlichen Gerichtsbarkeit der staatlichen Gerichts arkeit gegenüber. D.h. Geistliche müssen jederzeit das Recht haben, staatliche Gerichte anzurufen.
12. Im 75. Jubiläumsjahr des Gedenkens an Barmen sei an die in diesem Zusammenhang wichtige dritte These erinnert:


„Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern, in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt. Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sündern zu bezeugen, dass sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte.“

 

 

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