Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.
Dr. Friedrich Reitzig, Pfr.i.R.

Alles vermag ich …

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

ein gewaltiges Wort ist es, das uns durch den Monat Mai begleiten möchte. Da scheint einer vor Kraft kaum mehr gehen zu können, ein Mister Allmächtig. An mangelndem Selbstbewusstsein fehlt es ihm offenkundig nicht. An ihm kann man aufsehen und sich ein Vorbild nehmen, besonders in einer Zeit, in der man sich mit seinen Gaben und Fähigkeiten ins rechte Licht zu rücken hat, um etwas zu gelten. Der, der uns hier gegenübertritt, ist offenbar jemand, der unserem Zeitgeschmack entspricht. „Ich vermag alles …“

Liest man jedoch weiter, wandelt sich das Bild, lautet doch die Fortsetzung „… durch ihn, der mir Kraft gibt“ (Phil. 4, 13). Und der, der sich hier zu Wort meldet, ist kein geringerer als Paulus. Was anfangs so imposant und kraftstrotzend daherkommt, offenbart sich beim Weiterlesen als ein sehr demütiges Eingeständnis: Nicht ich bin stark und kann’s richten, -ganz und gar nicht. Mit meinem Gott aber kann ich über Mauern springen, sagt der Psalmbeter, und Paulus steigert dies auf seine Weise mit seinem „Ich vermag alles.“ Ja, mit dem rechten Partner an der Seite werden die Schwierigkeiten klein und die Möglichkeiten, die das Leben bietet, groß. Der Partner macht’s also, nicht das eigene Können und Wollen.

 

Es lohnt sich also einmal innezuhalten und zu fragen: Mit wem an der Seite gehe ich durchs Leben? Worauf baue ich? Was gibt mir Rückhalt und Perspektive? Angebote gibt es ja in unseren Tagen in unüberschaubarer Zahl. Sie versprechen uns, wie man so schön sagt, das Blaue vom Himmel. Wie aber sieht die Realität aus, -sprich das Ergebnis, dem wir zusteuern? Gewiss hat da jeder so seine eigenen Erfahrungen gemacht, -mit Lebenspartnern, -Geschäftspartnern, -Freunden, -Weggefährten aller Art.

Paulus ist hier recht einseitig und eng. Ihm sind nicht die zahlreichen Angebote und Verlockungen wichtig und auch nicht menschliche Freunde und Weggefährten vorrangig. Er weiß sich vielmehr in Gott gegründet und verwurzelt um Jesu willen. In ihm sieht er sein Kraftpotential, und das genügt ihm. Er braucht nicht viel und vieles, sondern eins. Mit Gott an der Seite ist er bestens gerüstet, -vermag er alles.

 

Das aber heißt nicht, dass er auf Wolke sieben lebt und allen Sorgen und Schwierigkeiten enthoben wäre. Nein, Gefahren und Bedrohungen jeder Art gehören mit zu seinem Leben, auch Angst und Sorgen. Doch was es auch sei, es steht bei ihm unter der Überschrift „Alles vermag ich durch ihn, der mir Kraft gibt.“ Selbst wenn seine Kräfte versagen und er sich am Ende fühlt, weiß er, dass er den Sieger, Helfer und Retter auf seiner Seite hat. Auf ihn hofft und vertraut er in allen Lebenslagen, selbst im Angesicht des Todes. Denn, so sagt er in eben diesem Brief an die Philipper (1,21) auch, „Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn.“ Der Herr, mit dem er sich verbunden weiß, ist seine Hoffnung für Zeit und Ewigkeit. Deshalb vermag er durch ihn alles!

 

Uns möchte er darin zum Vorbild werden und uns zum Glauben einladen, gerade jetzt in der Zeit von Himmelfahrt, Pfingsten und Trinitatis, wo wir Gott zum einen so unfassbar und fern erleben und gleichzeitig so nah und das Leben prägend. Er möchte unserem Leben Grund und Halt geben, nicht durch irdische Sicherheiten, sondern durch den Blick über den Horizont dieser Welt hinein in die jenseitige, wo es am Ende weder Trauer noch Tränen, Angst und Sorgen, sondern Geborgenheit und Sicherheit in Gottes Nähe geben soll.

 

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen gesegnete Festtage, die Sie stärken und kräftigen in Jesus, unserm Herrn.

Pfr. Friedrich Reitzig, Kurseelsorger

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