Jakob, war der Lieblingssohn seiner Mutter. Sie zog ihn seinem Zwillingsbruder Esau vor, obwohl der der Erstgeborene war. Esau standen das Erstgeburtsrecht und der Segen des Vaters zu. Um beides hat Jakob ihn listig betrogen. Sein Bruder war darüber verständlicher Weise so sauer, dass Jakob sein Elternhaus fluchtartig verlassen musste. Er fürchtete um sein Leben.
Als Jakob nach Jahren zurückkehrt, weiß er nicht, was ihn erwartet. Er fürchtet den Zorn des Bruders.
Wahrscheinlich fürchtet er sich auch vor seiner eigenen Vergan-genheit, vor dem Unrecht, das er begangen hat. So steht er nachts am Grenzfluss zu den Ländereien seines Bruders. Seine Familie hat er
in Sicherheit gebracht, er ahnt, dass ihm ein Kampf bevorsteht. Er fürchtet den Bruder.
Tatsächlich wird Jakob auch angegriffen, aber nicht von Esau. Und es kommt zu einem Kampf auf Leben und Tod, an dessen Ende Jakob verwundet und gesegnet wird. (Seine Geschichte steht in der Bibel:1.
Mose/Gen. 32, 23ff)
Was für ein Kampf !
Für mich spricht diese Geschichte nicht nur von Jakobs, sondern auch von unseren Erfahrungen an der Grenze,
von unserem Kämpfen mit dem Leben und mit Gott. Von unseren Schatten und nächtlichen Kampfplätzen, in denen wir ringen mit einem unbegreiflichen Schicksal; mit der eigenen Vergangenheit; mit Schuld;
mit ungelö- sten Konflikten. Für mich spricht sie von Zeiten, in denen wir uns mühsam zu einem neuen Weg, einem neuen Leben durchringen.
Bei Jakob können wir lernen, dass es gilt, sich dem Kampf zu stellen. Und dass sich der Kampf lohnt. Um Schmerzen werden wir dabei nicht herum kommen. Verletzungen, aufbrechende Wunden können die Folge sein, Narben, die bleiben. Genauso wenig wie Jakob.
Die Wunde, der Name und der Segen.
Aber Jakob erzwingt sich am Ende des Kampfes auch den Segen seines Gegen-übers. Er wird die Kampfstätte anschließend „pnuel“ nennen – „Angesicht Gottes“. Nach dem Kampf erkennt er den
segnenden Gott. Während des Kampfes bleibt Gott ihm verborgen. (Mir kommt das bekannt vor).
Am Ende des Kampfes erhält Jakob außerdem einen neuen Namen. Er hat den Kampf erstaunlicher Weise nicht verloren, die Verwundung des Kampfes aber wird ihm sein Leben lang bleiben - in doppelter Hinsicht ein veränderter Mensch! Angeschlagen hinkt er seinem Bruder Esau entgegen. Dieser Anblick entwaffnet Esau. Mit ihr kann er sich versöhnen. So, könnte man sagen, hat Gott Jakob ge- rettet, indem er ihn schwächte („Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“, fällt mir dazu ein) und der gefährliche Kampf war ein Segen.
Gottes Segen ist offenbar nicht unbedingt mit körperlicher oder seelischer Unver-sehrtheit gleichzusetzen. Segen ist auch etwas anderes als Erfolg. „Es gibt ein unge- segnetes „immer mehr“, ein ungesegnetes „immer effektiver“ und es gibt – so para- dox es klingen mag - ein „gesegnetes Leid“, sogar „gesegnete Schuld“.
Bei Jakob jedenfalls war das so: dass er sich seinen Schatten, seinem Leben, sei- nem Gott stellt, verändert sein Leben. Dass er den Mut hat, Schmerzen hinzuneh- men und Schläge einzustecken, macht ihn zu einem anderen Menschen und wirkt sich segensreich auf sein Leben aus.
Am Ende seiner Geschichte bricht die Morgenröte an und der anbrechende Tag bringt Versöhnung und neues, gesegnetes Leben.
Barbara Vollmer, Pfarrerin, Bad Wurzach.
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